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Editorial

Briefe an Scholz

Der Lockdown geht in die Verlängerung. Bis zum 14. Februar bleiben die Einzelhandelsgeschäfte, Gaststätten und Hotels geschlossen. Das Land ist gerade noch an einer allgemeinen nächtlichen Ausgangssperre vorbeigekommen. Mit Ausnahme der Verpflichtung zur Home-Arbeit wo immer möglich, können Handwerk, gewerbliche Wirtschaft, Industrie weiterwirtschaften. Das ist so weit wie möglich auch aufrecht zu halten. Ein kompletter Lockdown würde die wirtschaftliche Basis und damit die finanzielle Grundlage, um diese Pandemie zu bestehen, massiv gefährden. Erfreulicherweise zeigt der bisherige Lockdown Wirkung. Der 3. Januar 2020 war mit 5 752 Patienten hoffentlich der Tag mit der höchsten Covid-bedingten Intensivbelegung. Stand Redaktionsschluss sind das schon 20 % weniger. Auch das ist noch eine hohe und nunmehr seit Monaten anhaltende Dauerbelastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf den Intensiv- und Infektionsstationen. Können die ansteckenderen Mutationen in Schach gehalten werden, kann mit Erreichen der Durchimpfung der vulnerablen Gruppen Covid 19 zu einer Krankheit mit einer begrenzten Zahl schwerer und tödlich verlaufender Fälle werden, Leben mit einem kalkulierbaren Restrisiko ohne Einschränkung und ohne Überlastung des Gesundheitssystems wäre wieder möglich.

Auslöser für den Lockdown und dessen Tiefe sind die schweren und tödlichen Infektionsverläufe und die Vermeidung einer Überlastung der Krankenhauskapazitäten. Inzwischen wurden rund 150 000 Patienten mit Covid in den Krankenhäusern aufgenommen, davon etwa 28 000 intensivmedizinisch versorgt. Dass mit Ausnahme lokaler Sondersituationen zu keinem Zeitpunkt die medizinische Versorgung der Covid-Patienten gefährdet war, ist der Leistungsfähigkeit der Krankenhäuser und der hohen persönlichen Leistungsbereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verdanken.

Natürlich kostet die medizinische Bewältigung der Pandemie Geld. Aber weitaus weniger als von der Kassenseite behauptet wird. Durch die Belegungsrückgänge im Regelbetrieb dürften GKV und PKV 2020 rund 7 Mrd. € gespart haben. Saldiert mit ebenfalls 7 Mrd. € Ausgleichszahlungen, die Krankenhäuser als Ersatz für stationäre Erlösausfälle aus Steuermitteln erhalten haben, kommen bei Einbeziehung von rund 1,5 Mrd. € Investitionszuschüssen für Beatmungsgeräte und Mehrkostenerstattungen für persönliche Schutzausrüstungen, insgesamt vielleicht 2 Mrd. € Mehrausgaben heraus, die Steuer- und Beitragszahler für die stationäre Versorgung im ersten Jahr der Jahrhundertpandemie aufbringen mussten – mehr nicht!

Gemessen an den Kollateralschäden der Pandemie mit zig Milliarden an Ausfallentschädigungen, Überlebenshilfen für Großunternehmen, Kurzarbeitergelder und Ähnlichem sind die von den Krankenhäusern verursachten Mehrlasten für Beitrags- und Steuerzahler geradezu gering. Der von der Bundesregierung geschätzte Rückgang des Bruttosozialproduktes um 5 % kostet für sich genommen ca. 160 Mrd. €. Die Kosten der Pandemie wären noch sehr viel höher, wenn die Krankenhäuser nicht eine so hohe Leistungsfähigkeit hätten.

Umso unverständlicher ist die Haltung des Bundesfinanzministers bei den regierungsinternen Abstimmungen von Gesetzen und Verordnungen aus dem Gesundheitsministerium, wenn es um Hilfen für die Krankenhäuser geht. Wie immer wieder zu hören ist, nimmt das Scholz-Ministerium dem Spahn-Ministerium die Steuermittel für die Ausgleichszahlungen an die Krankenhäuser nachhaltig übel und bremst deshalb massiv bei der notwendigen Weiterentwicklung des Rettungsschirms, zuletzt wieder bei der Verordnung zur Verlängerung der Ausgleichszahlungen um einen Monat. Die Meldungen über anhaltende Liquiditätsprobleme machen dagegen deutlich, dass die Krankenhäuser weitere finanzielle Unterstützungen zur medizinischen Absicherung der Pandemie brauchen. Mittel, die aus volkswirtschaftlicher Sicht mehr als lohnend eingesetzt werden. In der Schweiz wird derzeit der Finanzminister wegen Geiz als größter Bremser im Kampf gegen das Virus kritisiert. Da ist die jüngste Meldung aus der Steuerschätzung, dass die Pandemie den Finanzminister 87 Mrd. € weniger als erwartet gekostet hat, aus Krankenhaussicht politisch nur schwer emotionsfrei einzuordnen. Es könnte angebracht sein, aus den Krankenhäusern Briefe mit Fragen an den Finanzminister zu schicken.

DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum