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Editorial

Krankenhäuser im Aktionsmodus

Die Politik ist in der Sommerpause. Die Ungewissheit über die Zukunft der großen Koalition ist geblieben. Aber auch in den Krankenhäusern steigt die Unsicherheit. Die bevorstehende Ausgliederung der Pflegekosten aus den Fallpauschalen nimmt den Häusern Planungssicherheit für 2020, macht zunehmend Sorgen und immer weniger Freude.

Da ist zunächst das Liquiditätsproblem. Schon heute ist so gut wie sicher, dass kaum ein Haus zum 1. Januar 2020 das neue Pflegebudget vereinbart haben wird. Sicher ist auch, dass der provisorische Ersatz-Tagessatz für die Pflege am Bett in vielen Kliniken nicht reichen wird: Je pflegeintensiver das Leistungsspektrum – etwa in der Kindermedizin oder Geriatrie – umso größer das Problem. Die im Gesetz festgelegten 130 € müssen dringend aufgestockt werden, ansonsten startet die versprochene Verbesserung der Pflegefinanzierung für viele Kliniken mit Insolvenzsorgen.

Immer mehr Kliniken können anhand der nunmehr festgelegten Kriterien zur Abgrenzung der Pflege am Bett den möglichen Ausgang der Ausgliederung abschätzen. Dabei zeigt sich, dass Entlastungen des Pflegefachpersonals durch Unterstützungskräfte und Prozessinnovationen zur Erlösfalle werden. Die Möglichkeit, bis zu 3 % des Pflegebudgets mit den Kassen als Ausgleich zu vereinbaren, wird als wenig aussichtsreich eingeschätzt, weil die gesetzlichen Formulierungen den Kassen zu viele Spielräume für die Verweigerung geben. Pflege ist aber umso attraktiver je mehr Entlastung sie hat. Das sagt auch die Konzertierte Aktion. Allerdings muss der Gesetzgeber dies auch möglich machen. Die 3 %-Regelung muss dringend aufgestockt und durchsetzbar gemacht werden.

In einem beachtenswerten Beschluss der geschäftsführenden Vorstände der Koalitionsfraktionen zur zügigen Umsetzung der Konzertierten Aktion Pflege unterstreichen die Spitzen der Koalition u. a., dass sie die Pflege wirkungsvoll von Bürokratie und Zettelwirtschaft entlasten wollen. In Widerspruch dazu steht allerdings, dass das Bundesministerium für Gesundheit die Fortsetzung der PKMS-Kodierung mit millionenfachen Aufzeichnungen pflegerischer Einzelmaßnahmen - einschließlich der Zählung verabreichter Getränke – auch für 2020 trotz des Pflegebudgets, für das diese Daten nicht gebraucht werden, verpflichtend vorgibt.

Auch das politische Versprechen, die Tarifsteigerungen für die Pflegekräfte den Krankenhäusern in vollem Umfang zu refinanzieren, kommt in der Realität nicht an. Die Tarifabschlüsse ab 2018 kumulieren bis heute auf nicht gedeckte Kosten von mehr als 600 Mio. € in den Krankenhäusern. Ursächlich hierfür sind die gesetzlichen Vorgaben zur Ermittlung der Tarifausgleichsrate.

Und schließlich gibt es noch das 250 Mio. €-Problem. Es resultiert aus der seit 2017 gesetzlich vorgegebenen Sachkostenabsenkung. Die ca. 1,2 Mrd. €, um die die Sachkostenanteile in den Fallpauschalen jährlich abgesenkt werden, werden den Personalkostenanteilen zugeschlagen. Der Gesetzgeber wollte, dass dem Krankenhausbereich dadurch keine Mittel entzogen werden. Die Position der Kassen zur technischen Umsetzung der Umschichtung in 2020 führt im Ergebnis dazu, dass durch die Ausgliederung der Pflegekosten den Krankenhäusern 250 Mio. . € weggekürzt wird. Das BMG hat dieser Tage den Selbstverwaltungspartnern mitgeteilt, dass es im Falle einer Ersatzvornahme gemäß der Kassenauffassung vorgehen würde. Damit sind die Pflegebudgets eines jeden Krankenhauses noch ehe sie verhandelt wurden um ca. 1,5 % gekürzt. Der Vorstand der DKG hat allergrößte Empörung über diese Entscheidung zum Ausdruck gebracht. Die in 2020 wirksam werdende Kürzung des Pflegezuschlags um 300 Mio. €, die versprochenen, aber nicht ankommenden Tarifausgleiche mit 600 Mio. € und die 250 Mio. € Kürzung führen zu über 1 Mrd. €, die seit Ausrufung des politischen Programms zur Stärkung Pflege den Krankenhäusern fehlen.

In dem Beschluss der Koalitionsvorstände wird angekündigt, dass die Maßnahmen der Konzertierten Aktion Pflege auch wirklich bei den zu Pflegenden ankommen sollen. Das kann aber nicht gelingen, wenn die Krankenhäuser auf dem Weg zur Stärkung der Pflege geschwächt werden. Die 250 Mio. € Kürzung ist eine Provokation und zwingt zu Aktionen. Ein heißer Herbst steht bevor.

DKG-Geschäftsführer Georg Baum