Foto: Sternbachkliniken
Kurz vor den Wahlen zum Thüringischen Landtag kam die Hiobsbotschaft vom „Aus“ für die Sternbach-Kliniken in Schleiz. Am 19. August wurde bereits der letzte Patient entlassen. Im Zuge des Insolvenzverfahrens muss der Betrieb bis Ende August heruntergefahren werden, teilte die Klinik mit. Geplante Operationen wurden abgesagt. Das Krankenhaus befindet sich seit Ende Juni bereits in einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Den monatlichen Einnahmen von zuletzt 1,5 Mio. € standen Ausgaben von 2,1 Mio. € gegenüber.
Landrat Christian Herrgott (CDU) bemüht sich um eine Job-Perspektive für die mehr als 150 Krankenhausmitarbeiter und beriet sich mit Arbeitgebern der Region aus dem medizinischen Bereich und der Pflege.
Eine der Kreistagsfraktionen im Saale-Orla-Kreis aus der Unabhängigen Bürgervertretung, FDP und Werteunion hat Anzeige wegen des Verdachts auf Insolvenzverschleppung erstattet. Landrat und Landkreis seien über die wirtschaftliche Lage getäuscht worden.
Geschäftsführung: massive strukturelle Unterfinanzierung im Krankenhaussektor
Die Geschäftsführung der Sternbach-Klinik Schleiz wehrt sich gegen Vorwürfe, die Politik in die Irre geführt zu haben: „Jeder Zeitungsleser weiß, dass wir in Deutschland eine massive strukturelle Unterfinanzierung im Krankenhaussektor haben. Landauf, landab sterben reihenweise vor allem kleine Kliniken im ländlichen Raum“, heißt es in einem Statement der Klinikleitung: „Einzelne Vertreter der Politik suchen jetzt in der Endphase des Wahlkampfes einen Schuldigen und behaupten, sie seien getäuscht worden und hätten das alles nicht kommen sehen.“ Das sei nicht nur hochgradig unglaubwürdig, sondern auch „unredlich gegenüber den Menschen vor Ort, die einen wichtigen Baustein ihrer Gesundheitsversorgung verlieren.“
„Die Politik war über die Krise der Sternbach-Klinik im Bilde“, heißt es dort weiter: „Wir haben bereits Ende 2023 kommuniziert, dass die Klinik Verluste in einer Höhe macht, die durch die Gesellschafter allein nicht mehr ausgeglichen werden können, und dass Hilfen von externen privaten oder öffentlichen Geldgebern nötig sein werden. Dass die 2 Mio. E Landeshilfe ein Überbrückungskredit bis Mitte des Jahres ist, und dass darüber hinaus erhebliche zusätzliche Mittel nötig sind, wurde im Zuge der Antragstellung ebenfalls klar kommuniziert und mit den uns vorliegenden Zahlen unterlegt. Dass nach der sehr konstruktiven Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium jetzt von einigen Stimmen aus der Politik derart schwerwiegende Vorwürfe erhoben werden, ist nicht nachvollziehbar.
Dieses Verhalten überrascht umso mehr, als wir auch auf Stadt- und Kreisebene bisher gut und vertrauensvoll zusammengearbeitet haben. Stadt und Landkreis waren froh, dass die Sternbach-Klinik ihnen den Betrieb des Krankenhauses 2021 abgenommen und damit die drohende Schließung verhindert haben. Wir haben das Haus von einem Schließungskandidaten zu einem bedarfsnotwendigen Krankenhaus im Sinne des Landeskrankenhausplans ausgebaut und damit die Versorgung im Landkreis gesichert und erheblich verbessert. Bei Übernahme hatte das Krankenhaus nur 33 Betten in Betrieb und behandelte 143 Patienten im Monat. Die Belegung konnte auf zuletzt 74 Betten in Betrieb und 364 Patienten im Monat ausgebaut werden.“
Die finanzielle Situation für kleine Krankenhäuser in Deutschland habe sich in den letzten zwei Jahren erheblich zugespitzt. Die geplante Krankenhausreform mit den vorgesehenen Vorhaltepauschalen zur Entlastung der Kliniken komme zu spät: „Leider fehlt uns bis dahin die Zeit und das Geld. Wir müssen einsehen: Was wir vorhatten, ist nicht gelungen, und die Rettung von Schleiz als Krankenhausstandort ist gescheitert.“
Statement der Geschäftsführung der Sternbach-Klinik
Die Landeskrankenhausgesellschaft Thüringen (LKHG) findet angesichts der Insolvenz der Sternbach Klinik Schleiz deutliche Worte: „Niemanden in der Landespolitik dürfte es ernsthaft überraschen, dass Klinikinsolvenzen, vor denen wir in zahlreichen Gesprächen mit der Politik immer gewarnt haben, nun auch in Thüringen angekommen sind. Sie sind die logische Folge einer jahrelangen unzureichenden Krankenhausfinanzierung“, so Dr. Gundula Werner, Vorstandsvorsitzende der Landeskrankenhausgesellschaft Thüringen (LKHG).
Rainer Poniewaß, Geschäftsführer der LKHG, ergänzt: „Mehrere Bundesländer, darunter auch Thüringen, haben im Frühjahr 2024 dem Krankenhaustransparenzgesetz zugestimmt und es versäumt, sich eine ausreichende Finanzierung der Betriebskosten durch den Bund zusichern zu lassen.“
Die Lage in den Thüringer Krankenhäusern aller Versorgungsstufen und in allen Regionen spitze sich deutlich zu, wie es die LKHG auch in dem offenen Brief an Herrn Prof Dr. Mario Voigt (CDU) vom 21. Juli 2024 bereits zum Ausdruck gebracht hat.
Die LKHG hat in ihren Positionen und Forderungen zur 8. Thüringer Legislaturperiode des Thüringer Landtags eine auskömmliche Finanzierung angemahnt. Die Krankenhäuser stehen grundsätzlich einer Reform aufgeschlossen über, aber es braucht eine faire und auskömmliche Betriebskostenfinanzierung des Bundes. Thüringen muss daher seiner Verantwortung auch im Bund gerecht werden.
„Die Insolvenz in Schleiz ist ein deutlicher Weckruf an die Politik. Wir fordern daher alle Landtagsfraktionen nochmals auf, schrittweise die pauschalen Investitionsmittel in einem ersten Schritt auf 50 Mio. € aufzustocken, wie es bereits im Positionspapier der CDU-Landtagsfraktion vorgeschlagen und mit den übrigen Fraktionen in der Sitzung des Thüringer Gesundheitsausschusses am 7. August 2024 diskutiert wurde. Der Freistaat Sachsen hat bereits reagiert und die dortigen Kliniken mit einer Anhebung der pauschalen Investitionsmittel in Höhe von 20 Mio. € unterstützt“, so Poniewaß. „Die Tatsache, dass jetzt nach Insolvenzen nicht sofort gehandelt wird, sondern die nächste Sitzung des Thüringer Gesundheitsausschusses erst nach der Landtagswahl - am 18. September 2024 – stattfinden soll, ist überhaupt nicht nachvollziehbar“, so Dr. Gundula Werner.
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