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Reaktionen zum Reformvorschlag der Regierungskommission zur Notfall- und Akutversorgung


Der Leiter der Regierungskommission, Tom Bschor, übergibt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) den Bericht zur Reform der Notfallversorgung. Foto: Kotlorz

Als „guten Aufschlag mit Potenzial, die Notfallversorgung deutlich zu verbessern“ hat heute die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) die Pläne der Regierungskommission zur Neuordnung der Notfallversorgung begrüßt. Das Konzept benenne deutlich die Herausforderungen. Es zeige, dass Probleme der Notaufnahmen nicht hausgemacht seien, wie von manchen Akteuren behauptet, sondern das Resultat jahrzehntelanger Fehlsteuerung von Patienten seien. Die Überlegungen der Regierungskommission hätten das Potential, die Notfallversorgung der Patienten deutlich zu verbessern. Integrierte Leitstellen (ILS) und Integrierte Notfallzentren (INZ) zu etablieren, seien Schritte in die richtige Richtung, so die DKG. Besonders positiv hervorzuheben sei das Ziel der Kommission, durch gestufte Angebote der ILS, von der telemedizinischen Beratung, über die direkte Vermittlung von Arztterminen bis hin zum Hausbesuch durch den KV-Bereitschaftsdienst den hilfesuchenden Patienten adäquate Angebote zu machen. Dies könne wesentlich dazu beitragen, die Notaufnahmen der Krankenhäuser und die dort angesiedelten INZ zu entlasten. „Wir brauchen die von der Kommission beschriebenen gestuften Angebote, sodass am Ende nur die Patientinnen und Patienten im INZ ankommen, die ansonsten nicht adäquat versorgt werden können“, erklärt der Vorstandsvorsitzende der DKG, Dr. Gerald Gaß.

Kliniken sollen Integrierte Notfallzentren leiten

Zustimmung erhielten Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und die Regierungskommission auch vom Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) für deren Reformpläne zur Notfallversorgung. „Integrierte Notfallzentren und Integrierte Leitstellen sind der richtige Weg für eine Reform der Notfallversorgung“, sagte Prof. Jens Scholz, VUD-Vorsitzender. Der Sachverständigenrat habe dazu schon gute Vorschläge gemacht, die Regierungskommission entwickelt diese weiter. Wichtig sei, dass die Notfallzentren in der Regel an den Krankenhäusern mit den G-BA-Notfallstufen 2 und 3 andocken sollen. Denn dort werde die interdisziplinäre Kompetenz gebündelt vorgehalten. „Zudem soll das Krankenhaus die Leitung des jeweiligen Integrierten Notfallzentrums übernehmen können. Das ist absolut richtig. Denn die Krankenhausärzte haben den besten Überblick über die weiteren Versorgungskapazitäten vor Ort“, sagte Prof. Jens Scholz.

Auch die Vorständin des GKV-Spitzenverbandes, Stefanie Stoff-Ahnis, äußerte sich positiv zum Reformkonzept, sprach von mutigen und richtigen Schritten.  „Richtig ist es Hilfesuchende durch die integrierten Leitstellen (ILS) telefonisch oder telemedizinisch dorthin zu leiten, wo sie schnell und bedarfsgerecht medizinisch versorgt werden.“

Deutlich kritischer fiel das Urteil der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) aus. „Mehr Schatten als Licht“, kommentierte gestern Dr. Andreas Gassen, KBV-Vorstandsvorsitzender, die Empfehlungen der Kommission. „So sollen Notdienstpraxen der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) in den Integrierten Notfallzentren (INZ) mit werktäglichen Öffnungszeiten von 14-22 Uhr tätig sein. Wann sollen die Kolleginnen und Kollegen dann noch in ihren eigenen Praxen arbeiten?“, fragte der KBV-Chef.

Vierte Stellungnahme der Regierungskommission

Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eingesetzte „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ hatte am 13. Februar in ihrer mittlerweile vierten Stellungnahme eine Reform der Notfall- und Akutversorgung in Deutschland vorgelegt.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kündigte an, Strukturen sollten aufgebrochen werden. Versorgung solle dort stattfinden, wo sie medizinisch sinnvoll sei. „Das Krankenhaus muss im Notfall nicht immer die erste Adresse sein.“ Aber es müsse schnelle Hilfe anbieten können. Patienten sollten in medizinischen Notfällen an Krankenhäusern künftig schneller und effektiver versorgt werden. Gelingen soll das durch zwei Maßnahmen, dem flächendeckenden Aufbau Integrierter Notfallzentren (INZ) sowie dem flächendeckenden Aufbau Integrierter Leitstellen (ILS), so die Empfehlung der Regierungskommission. Es komme darauf an, dass die Notfall- und Akutversorgung rund um die Uhr in der Lage sei, Hilfesuchende unmittelbar zielgerichtet zur richtigen Versorgung zu steuern.

Flächendeckende Einführung von Notfallzentren und Leitstellen

Hilfesuchende, die sich in einem Notfall an den Rettungsdienst (112) oder an den Kassenärztlichen Notdienst (116/117) wenden, sollten initial durch eine Integrierte Leitstelle nach telefonischer oder telemedizinischer Ersteinschätzung der für sie am besten geeigneten Notfallstruktur zugewiesen werden. Diese Integrierten Leitstellen sollen 24 Stunden an sieben Tagen erreichbar sein, unterstützt auch von entsprechender Software. Eine telemedizinische Beratung soll ebenfalls 24/7 möglich sein. Patienten sollen bei Bedarf direkt Termine bei niedergelassenen Ärzten vermittelt bekommen. Die Sicherstellung dieses Angebots und die Versorgung sollten Kassenärzte gewährleisten.

Durch von medizinisch qualifizierten Fachkräften in den ILS vorgenommene standardisierte, wissenschaftlich validierte, softwaregestützte und qualitätsgesicherte Ersteinschätzung solle eine Über- oder Unterversorgung von Notfällen verhindert werden. Gleichzeitig würden die knappen Ressourcen optimal genutzt. Notaufnahmen in Krankenhäusern sollten so möglichst nur von Hilfesuchenden genutzt werden, die diese komplexen Strukturen wirklich benötigten. Aufgrund unmittelbarer Erreichbarkeit rund um die Uhr, guter medizinischer Beratung und telemedizinischer ärztlicher Hilfe sowie verbindlicher Terminvermittlung sollten ILS für Betroffene so attraktiv sein, dass sie primäre Anlaufstelle in medizinischen Notfällen werden. Mit Hilfe einer bundesweiten Werbekampagne solle das Angebot publik gemacht werden.

Wie viel Fachpersonal für die flächendeckende Einrichtung Integrierter Leitstellen benötigt werde, woher dieses kommen soll und wie viel dies kostet, sagten weder Minister Lauterbach noch der Leiter und Koordinator der Regierungskommission, Tom Bschor.

Die zweite Säule der Reform der Notfall- und Akutversorgung beinhaltet den Aufbau von sogenannten Integrierten Notfallzentren (INZ) an Krankenhäusern der erweiterten und umfassenden Notfallversorgung. Die INZ sollen aus einer Notaufnahme des Krankenhauses, einer KV-Notfallpraxis sowie einem „Tresen“ als zentrale Entscheidungsstelle bestehen. Durch den Aufbau von INZ an Krankenhäusern der erweiterten und umfassenden Notfallversorgung - dies seien derzeit rund 420 deutsche Kliniken -, sollten Patienten durch eine bedarfsgerechte Steuerung den richtigen Strukturen zugewiesen werden – entweder in die Notaufnahme des Krankenhauses oder die Notfallpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung.

Die Beteiligung sowohl der KVen als auch der Krankenhäuser am INZ sei verpflichtend. Damit sei sichergestellt, dass die Lasten gleich verteilt würden. Zudem sollten integrierte Notfallzentren für Kinder- und Jugendmedizin (KINZ) an Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin sowie Krankenhäusern mit einer pädiatrischen Abteilung aufgebaut werden.

Der Leiter und Koordinator der Regierungskommission, Tom Bschor, rechnet damit, dass mit Hilfe dieser Reformen bis zu 50 % der Notfallpatienten „besser gesteuert“ werden könnten. tak