Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziel, während andere uns helfen diese Website und ihre Erfahrung zu verbessern.

Aktuelles

News

NRW-Krankenhausplan vorgestellt


Foto: Land NRW/Ralph Sondermann

Der Krankenhausplan NRW ist abgeschlossen: Am 16. Dezember 2024 haben die Krankenhäuser die Feststellungsbescheide erhalten. Damit steht nun im Detail final fest, welches Krankenhaus zukünftig welche Leistungen anbieten kann und zu welchen Veränderungen es in der nordrhein-westfälischen Krankenhauslandschaft kommen wird. Einige der rund 308 Krankenhäuser mit 527 Standorten stehen vor dramatische Veränderungen.In einer gemeinsamen Pressekonferenz in Düsseldorf haben Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann und maßgebliche Akteure der Krankenhauslandschaft in Nordrhein-Westfalen die Ergebnisse des Planungsverfahrens vorgestellt.

 Einen "Meilenstein“ nannte Sascha Klein, Vizepräsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW), den ersten Krankenhausplan in Deutschland, der nicht mit Betten, sondern mit Leistungsgruppen plane.

Die Regelungen der neuen Krankenhausplanung treten am 1. April 2025 in Kraft. Darüber hinaus wird es für bestimmte Leistungsgruppen, zum Beispiel in der Kardiologie und der Orthopädie, Übergangsfristen bis Mittwoch, 31. Dezember 2025, geben. Denn gerade bei Leistungen mit hohen Fallzahlen oder einer besonderen Notfallrelevanz wird der erforderliche Aufbau von Kapazitäten Zeit in Anspruch nehmen.

Die stationäre Versorgung in NRW wird sich deutlich ändern. Viele Kliniken werden ihr Leistungsangebot anders aufstellen müssen. Bei einigen Leistungen, insbesondere bei spezialisierten Leistungsgruppen, gab es hohe Ablehnungsquoten. Auch die Patientinnen und Patienten werden die neuen Strukturen spüren: Besonders für planbare und komplexe Eingriffe werden auch längere Wege zurückgelegt werden müssen.  

So gab es für die Endoprothetik Knie beispielsweise 214 Anträge landesweit – 136 bekamen die entsprechende Leistungsgruppe zugewiesen – ein Minus von 36 %. Für die Endoprothetik Hüfte gab es 236 Anträge bei 137 Zuweisungen (minus 42 %). Bei der hochspezialisierten Versorgung wie etwa der Behandlung von Leberkrebs war die Quote noch niedriger:  Auf 113 Anträge landesweit wurden nur 29 Zuweisungen beschieden (minus 74 %).

Meilenstein und Vorbild

„Wir haben Geschichte geschrieben. Ruinösen Wettbewerb unter den Kliniken um Fallzahlen und Personal wird es nicht mehr geben“, so Laumann. Mit dem neuen Krankenhausplan werde die Krankenhauslandschaft in NRW tiefgreifende Strukturveränderungen auf ein zukunftsfähiges und solides Fundament gestellt. Vor allem bei hoch komplexen Leistungen werden Doppel- und Mehrfachvorhaltungen abgebaut. „Gleichzeitig stellt der neue Plan sicher, dass die Patientinnen und Patienten in Nordrhein-Westfalen die bestmögliche Versorgung erhalten und die Grund- und Notfallversorgung überall im Land gut erreichbar ist. Denn es ist der erste Krankenhausplan bundesweit, der anhand von klaren Qualitätsstandards für die verschiedenen Krankenhausleistungen und eindeutigen Erreichbarkeitsvorgaben für die Notfallversorgung erstellt wurde“, so der Landesminister.

Die Behandlungsqualität werde gesichert: „Wer eine Leistungsgruppe zugewiesen bekommt, der hat auch die Voraussetzungen dafür, sie bestens zu erbringen.“ Gelegenheitsmedizin wird es künftig nicht geben. Die Reform, die über sechs Jahre erarbeitet wurde, sei das Anspruchsvollste, was er je in seinem politischen Leben gemacht habe, sagte der NRW-Minister. Und weiter: „Der gesamte rund sechsjährige Prozess – von der Entwicklung der Planungssystematik bis zum heutigen Tag – wurde von allen relevanten Akteuren der nordrhein-westfälischen Krankenhauslandschaft gemeinsam gestaltet. Das zeigt, wie groß die Unterstützung für diese grundlegende Strukturreform ist." Für die Feststellungsbescheide waren mehr als 6 000 Einzelentscheidungen zu treffen. Nach einem zweiten Anhörungsverfahren wurden 160 Entscheidungen noch einmal angepasst. „Den neuen Krankenhausplan zu erstellen war eine enorme Kraftanstrengung für alle Beteiligten“, so Laumann.

Einmal mehr lobten alle Beteiligten die Transparenz der Entscheidungen und die Partizipation der Betroffenen am Prozess der Krankenhausplanung. Der Minister wiederum sprach von kompetenten Partnern in den Verbänden, „die über den Tellerrand schauen“.

„Die Krankenhäuser haben die Notwendigkeit der Reform längst und früh erkannt. Sie waren und sind auch bereit, diese Veränderung mitzugestalten und mitzutragen“, so KGNW-Vize-Präsident Sascha Klein: „Auch wenn das aus Berlin immer anders getönt hat: Hier in NRW haben wir die Weichen gestellt, dass Krankenhausversorgung – stationär und ambulant – zukunftsorientiert gestaltet wird.“ Die nordrhein-westfälischen Krankenhäuser stünden nun vor einer Phase, in der vielerorts deutliche und teils auch schmerzhafte Veränderungen umgesetzt werden müssten. Wir sind zum Wandel bereit“, sagte Klein. Es werde nun drauf ankommen, dass in diesem Prozess der Anspruch an ein lernendes System auch mit Leben gefüllt wird: "Das wird immer dann flexible Antworten erfordern, wenn die Veränderungen ein Krankenhaus unbeabsichtigt in eine wirtschaftliche Schieflage bringen.“ Genau das sei der NRW-Ansatz, der sich von der Krankenhausreform des Bundes unterscheide: „Der Bedarf in den Regionen muss Maßstab für die Planung sein. Nicht der von unten wegrasierende Algorithmus vom grünen Tisch in Berlin, sondern der sorgsame Blick auf den Versorgungsbedarf in den Regionen prägt diese Planung.“ Zugleich unterstreicht der KGNW-Vizepräsident die Bedeutung der vom Land bereitgestellten rund 2,5 Mrd. € für die Umsetzung der Krankenhausplanung: „Mit diesen Investitionsmitteln wird der Einstieg in die Umsetzung dieser Krankenhausplanung ermöglicht. Und es ist ein wichtiges Signal, dass dieses Budget auch in Zeiten knapper Landeshaushalte unberührt bleibt. Entscheidend für eine stabile Krankenhausversorgung ist es aber auch, dass für die Transformationskosten, die durch die Schließung von Abteilungen und ganzen Standorten entstehen, eine finanzielle Lösung gefunden wird. Das können die durch die historische Defizitkrise geschwächten Träger nicht aus eigener Kraft tragen.“

Dirk Ruiss, Leiter der vdek-Landesvertretung NRW, stellvertretend für die Krankenkassen und -verbände in NRW: „Wir sind uns sicher, dass durch die Leistungskonzentration bei gleichzeitigem Erhalt einer wohnortnahen Grundversorgung, die Qualität der Versorgung für unsere Versicherten spürbar zunehmen wird. Nun kommt es entschieden darauf an, dass die Planungsvorgaben auch konsequent umgesetzt werden.“ Die jetzt vorliegenden Entscheidungen seien sorgfältig abgewogen und austariert, wo nötig habe es in den letzten Wochen nochmal versorgungspolitisch notwendige Anpassungen gegeben.

Als Positivbeispiele hob Ruiss die Regionen Soest und Lippstadt hervor: „Dort stehen im Zusammenhang mit der Krankenhausplanung trägerübergreifende Fusionen an, was früher undenkbar gewesen wäre. Genau das ist es, was Konzentration bedeutet. Mit der Umsetzung des neuen Krankenhausplans NRW sind wir auch gut vorbereitet auf die in den nächsten Jahren anstehende Umsetzung der Bundeskrankenhausreform.“

Dr. Hans-Albert Gehle, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hob die Auswirkungen der nordrhein-westfälischen Krankenhausplanung auf die ärztliche Weiterbildung hervor: Bisherige „volle“ Weiterbildungsbefugnisse müssten angepasst werden, wenn neue Versorgungsaufträge das Leistungsspektrum eines Hauses einschränken: „Das wird ab 2026 greifen. Bis dahin müssen Netzwerke geknüpft werden, die ärztliche Weiterbildung mit Verbünden und Rotationen möglich machen. Deshalb erwarten wir als Ärztekammern, dass die Landesregierung verbindliche Vorgaben zu regionalen und trägerübergreifenden Weiterbildungsverbünden festlegt, zum Beispiel im Krankenhausgestaltungsgesetz des Landes. Dies gilt neben den speziellen chirurgischen Fächern wie Orthopädie und Unfallchirurgie auch für Querschnittsfächer wie Anästhesie oder Radiologie.

Und weiter: „Wenn durch die neuen Versorgungsaufträge die Möglichkeiten zur Weiterbildung in den Häusern eingeschränkt werden, muss es also Strukturen geben, die nach wie vor ärztliche Weiterbildung möglich machen. Darüber wird die Kammer wachen. Denn die Attraktivität zahlreicher Kliniken für Weiterbildungsassistentinnen und -assistenten wird ohne diese verbindlichen regionalen und trägerübergreifenden Rotationen im Sinne einer gesicherten Weiterbildung nachlassen und in der Folge dann auch zu Versorgungsproblemen durch den daraus resultierenden Ärztemangel an diesen Kliniken führen.“ Gehle zog positive Bilanz: „Die Krankenhausplanung in NRW hat die ärztliche Weiterbildung angeknüpft und diese mitgedacht. Das ist Karl Lauterbach mit seiner Reform nicht gelungen.“ Gehle gab einen weiteren Wink in Richtung Bund: Weiterbildung funktioniere nicht ohne Finanzierung: „Das ist im bisherigen Finanzierungssystem nicht berücksichtigt.“

Sandra Postel, Präsidentin der Pflegekammer Nordrhein-Westfalen, betont: „Parallel zur Krankenhausplanung wurde die Pflegekammer in vergleichbarem zeitlichem Rahmen etabliert. Die Rolle der Ärztekammern verdeutlicht, wie wichtig fachlicher Einfluss in der Planung ist. Als junge Pflegekammer konnten wir erstmalig unsere berufsständische Perspektive einbringen und beispielsweise darauf hinweisen, wenn intersektorale Auswirkungen auf die pflegerische Versorgung zu befürchten waren oder wenn bei komplexen fachlichen Anforderungen, wie in der Pädiatrie oder Schwerstverbrennungsversorgung, Bedenken gegen die Bescheidung bestanden.“

Die Veränderungen in der Krankenhauslandschaft im Überblick

Der Krankenhausplan NRW zielt vor allem darauf ab, Doppel- und Mehrfachvorhaltungen in räumlicher Nähe abzubauen. Das gilt insbesondere für die Leistungsgruppen, die gut planbar sind, beispielsweise in der Orthopädie.

•             Beispiel Endoprothetik Knie:

214 Anträge landesweit – 136 Zuweisungen (= minus 36 %)

•             Beispiel Endoprothetik Hüfte:

236 Anträge landesweit – 137 Zuweisungen (= minus 42 %)

Das gilt aber auch für Bereiche, in denen eine hochspezialisierte Versorgung und große Expertise nötig sind, beispielsweise der Onkologie. Hier ist eine Konzentration auf weniger Krankenhausstandorte mit mehr Erfahrung und Expertise dringend erforderlich, um für die Patientinnen und Patienten die bestmögliche Behandlung anbieten zu können. Daher wurden nicht allen Krankenhäusern, die Anträge für diese Leistungsbereiche gestellt haben, die entsprechenden Leistungsgruppen zugewiesen.

•             Beispiel Behandlung von Leberkrebs:

113 Anträge landesweit – 29 Zuweisungen (= minus 74 %)

•             Beispiel Behandlung von Speiseröhrenkrebs:

71 Anträge landesweit – 26 Zuweisungen (= minus 63 %)

Gleichzeitig gibt es Bereiche, die stark notfallrelevant sind, bei denen eine Konzentration nicht oder nur eingeschränkt möglich sind. Ein Beispiel hierfür sind kardiologische Angebote.

•             Beispiel Interventionelle Kardiologie:

165 Anträge landesweit – 141 Zuweisungen (= minus 15 %)

Im Bereich der Behandlung von Kindern und Jugendlichen wurde in der Regel allen Anträgen zugestimmt, die die Mindestkriterien erfüllen. So sind beispielsweise die Bedarfe in der psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung – auch als Folge der Coronapandemie – deutlich gestiegen. Den Anträgen in diesem Leistungsbereich wurde daher teils in vollem Umfang und teils im Rahmen der bestehenden Auslastung nachgekommen. Damit geht der neue Krankenhausplan bei der psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung sogar über die Bedarfsprognose hinaus.

Die Ergebnisse der Krankenhausplanung sind im Detail einsehbar unter: https://www.mags.nrw/startseite/gesundheit/krankenhausplanung-nrw/ergebnisse-der-krankenhausplanung-nrw