Eine einheitliche, 18-monatige Ausbildung für Pflegeassistentinnen und -assistenten soll ab 2027 bundesweit eigeführt werden. Auch sollen Pflegeassistentinnen und -assistenten eine angemessen vergütete Ausbildung durchlaufen. Das ist Ziel des Entwurfs für ein Pflegefachassistenzgesetz, das das Bundeskabinett am 4. September beschlossen hat.
Pflegefachassistentinnen und Pflegefachassistenten sollen so besser qualifiziert werden und mehr Verantwortung übernehmen können. Ihre Ausbildungszeit wird bundeseinheitlich auf 18 Monate festgesetzt, die 27 verschiedenen, landesrechtlich geregelten Pflegehilfe- und Pflegeassistenzausbildungen werden abgelöst. So soll der Einstieg in den Pflegeberuf erleichtert und auch die Anerkennung ausländischer Pflegekräfte verbessert werden.
Die unterschiedlichen Anforderungsprofile erschweren bisher die Anerkennung der ausländischen Pflegekräfte. In den Jahren 2016 bis 2022 gab es nur 3 000 Neuanträge für landesrechtlich geregelte Pflegehelfer- und -assistenzberufe. Für Pflegefachkräfte wurden im selben Zeitraum 72 000 Neuanträge gestellt. Ein einheitliches Berufsbild, das international anschlussfähig ist, und die in diesem Jahr in Kraft getretenen Vereinfachungen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes sollen das ändern.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach stellte das Pflegefachassistenzgesetz in Zusammenhang einer großen Pflegereform, die noch in der laufenden Legislaturperiode umgesetzt werden soll. „Die Reform ergänzt eine Reihe mehrerer Gesetzinitiativen in der Pflege, mit denen wir uns darauf einstellen, dass in einer älter werdenden Gesellschaft immer mehr Menschen Pflege benötigen. Pflege braucht gute Ausbildung, gute Bezahlung, mehr Verantwortung und gute Arbeitsbedingungen.“
Dazu gehörten auch das geplante Pflegekompetenzgesetz und ein Advanced Pratice Nurse Gesetz: In allen Bereichen der Pflege, von der Pflegeassistenz bis zur Advanced Pratice Nurse mit Master-Abschluss, sollen die Kompetenzen erweitert, „hochskaliert“ werden.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Statt bislang 27 unterschiedlichen Ausbildungen in 16 Bundesländern, wird es künftig eine bundeseinheitliche Ausbildung geben. So bauen wir bürokratische Hürden ab und machen Pflegeberufe attraktiver. Wir beschleunigen außerdem das Tempo und schaffen mehr Flexibilität, um dem Bedarf an mehr Pflegekräften gerechter zu werden. So dauert die Ausbildung grundsätzlich 18 Monate. Es gibt aber Verkürzungsmöglichkeiten, insbesondere für besonders berufserfahrene Menschen.“
Entwurf Pflegefachassistenzgesetz: Neuerungen für die Ausbildung
Folgende Änderungen sind für die Pflegeassistenz-Ausbildung vorgesehen:
• Die Ausbildung führt zur Berufsbezeichnung „Pflegefachassistentin“, „Pflegefachassistent“ oder „Pflegefachassistenzperson“.
• Die Dauer der Ausbildung beträgt in Vollzeit grundsätzlich 18 Monate. Eine Ausbildung in Teilzeit ist möglich. Insbesondere für Personen mit Berufserfahrung sind umfassende Verkürzungsmöglichkeiten vorgesehen, zum Beispiel auf zwölf Monate oder weniger.
• Voraussetzung für die Ausbildung ist grundsätzlich ein Hauptschulabschluss. Gleichzeitig ist eine Zulassung ohne Schulabschluss bei einer positiven Prognose der Pflegeschule zum erfolgreichen Abschluss der Ausbildung möglich.
• Die Ausbildung umfasst Pflichteinsätze in den drei großen Versorgungsbereichen stationäre Langzeitpflege, ambulante Langzeitpflege und stationäre Akutpflege. Der Aufbau der Ausbildung folgt dem Vorbild des Pflegeberufegesetzes und macht eine verkürzte Qualifizierung zur Pflegefachperson möglich. Umgekehrt kann auch eine abgebrochene Ausbildung nach dem Pflegeberufegesetz für den Erwerb eines Abschlusses in der Pflegefachassistenz weitergehend berücksichtigt werden.
• Die Auszubildenden erhalten einen Anspruch auf eine angemessene Ausbildungsvergütung. Bisher erhalten nur rund die Hälfte der Auszubildenden eine Vergütung.
Attraktive Ausbildungsbedingungen
Mit der neuen, vergüteten Ausbildung wird die Attraktivität des Berufs gesteigert, um mehr Interessentinnen und Interessenten für die Ausbildung zu gewinnen. Die Absolventinnen und Absolventen können zukünftig in ganz Deutschland in allen Versorgungsbereichen der Pflege arbeiten. So entsteht ein vielfältiges, attraktives und durchlässiges Bildungssystem in der Pflege - von der Assistenzausbildung über die berufliche Fachkraftausbildung bis zur hochschulischen Qualifikation auf Bachelor – und perspektivisch auch auf Master-Niveau.
Effizientere Aufgabenverteilung in der Pflege
Durch die Einführung eines neuen, einheitlichen Kompetenzprofils für die Pflegefachassistenz können Aufgaben zwischen Pflegefach- und Pflegefachassistenzpersonen zukünftig besser verteilt werden. Denn Pflegefachassistenzpersonen sollen zukünftig vermehrt Aufgaben durchführen können, die heute noch teilweise von Pflegefachpersonen durchgeführt werden. Hierdurch werden Pflegefachpersonen deutlich entlastet. Der Gesetzentwurf trägt damit maßgeblich zur Sicherung der personellen Grundlage guter Pflege bei.
Einheitliche Finanzierung
Mit dem Gesetzentwurf wird auch die Finanzierung der Ausbildung auf eine einheitliche Grundlage gestellt. Die Finanzierung erfolgt nach dem Modell des Pflegeberufegesetzes. Damit wird für die ausbildenden Einrichtungen wie auch die Pflegeschulen eine verlässliche und sektorenübergreifende Finanzierungsgrundlage geschaffen und für die Auszubildenden eine hochwertige Ausbildung mit angemessener Ausbildungsvergütung ermöglicht. Der Rückgriff auf die bewährten Verfahren des Pflegeberufegesetzes gewährleistet die schnelle Umsetzbarkeit.
AOK: Länder in der Pflicht bei Finanzierung
Die Krankenkassen begrüßen die Reform des Ausbildungssystems, es erhöhe die Durchlässigkeit und Qualität der Ausbildung und entspreche den Bedürfnissen des Pflegesektors, so Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes. „Dass die Ampel zur Finanzierung allerdings plant, fast 240 Mio. € pro Ausbildungsjahr auf die Gesetzlichen Krankenkassen abzuwälzen und 17,7 Mio € auf die Soziale Pflegeversicherung, lehnen wir entschieden ab, allein schon aus ordnungspolitischen Gründen. Hier sind ausschließlich die Länder in der Pflicht. Diese kommen bereits heute ihrer verfassungsmäßigen Zuständigkeit im Bereich der Ausbildungskosten nicht in ausreichendem Umfang nach“, so Reimann weiter.
Kasten Anfang
Insgesamt arbeiten bei uns 1,7 Mio. Pflegekräfte. 62 Prozent bzw. 1,1 Mio. haben davon eine Pflegefachausbildung. 30 Prozent bzw. 515.000 Beschäftigte sind Pflegehilfskräfte, von denen heute rd. 343.000 Beschäftigte eine Ausbildung in einem Pflegehelfer- oder -assistenzberuf oder in einem anderen Beruf haben.
Für den Pflegehelfer- bzw. -assistenzberuf gibt es derzeit 27 unterschiedliche Ausbildungswege, die in den Ländern angeboten werden. Dabei unterscheiden sich die Ausbildungsdauer und die Ausbildungsinhalte erheblich, Qualifikationen sind nicht vergleichbar.
Kasten Ende
BDPK: Pflegeausbildung auch in Reha-Einrichtungen ermöglichen
Das Gesetz zur Pflegeassistenzausbildung ignoriere das im Koalitionsvertrag der Ampelregierung formulierte Ziel, die Pflegeausbildung auch in Reha-Einrichtungen zu ermöglichen, erklärt der Bundesverband deutscher Privatkliniken (BDPK). Erneut bleibe damit im Kampf gegen den Pflegekräftemangel wichtiges Potenzial ungenutzt.
Während das am Gesetzentwurf beteiligte Bundesarbeitsministerium (BMAS) eine Zulassung der Reha-Kliniken befürwortet, lehnen das Familien- und das Gesundheitsministerium dies ab. Sie wollen lediglich die Möglichkeit schaffen, dass 160 Stunden der Pflegeausbildung in einer Reha-Einrichtung absolviert werden können. Als Grund für ihre Ablehnung nennen die beiden Ministerien, dass gemäß der Ausbildungs- und Prüfungsordnung der Ausbildungsträger mehr als 50 % der praktischen Ausbildung in der eigenen Einrichtung anbieten soll und nicht durch Kooperationen mit anderen Ausbildungsträgern.
Zum Kabinettsbeschluss zur Vereinheitlichung der Pflegeassistenzausbildung meint Ates Gürpinar, Bundesgeschäftsführer der Partei Die Linke: „Einheitliche Regeln für die Ausbildung in der Pflegeassistenz sind lange überfällig, um Pflegequalität und gute Arbeitsbedingungen zu sichern. Umso erschreckender ist, dass die Bundesregierung diese Vereinheitlichung nutzt, um Standards zu senken, statt eine Fachkräfteoffensive zu starten. Insgesamt bleiben bei dieser Reform wichtige Fragen offen, etwa wer die Bildungskosten trägt, für alle, die sich weiterqualifizieren wollen. Diese dürfen nicht an den Pflegefachassistentinnen und -assistenten hängen bleiben." krü