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Existenz der Kliniken durch KHVVG bedroht


Präsentation der Analyse der Vebeto, die existenzbedrohende Auswirkungen der Krankenhausreform belegt. Foto: Kotlorz

Wenige Tage vor der Entscheidung des Bundesrates über die Klinikreform des Bundes warnte Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft e. V. (DKG), vor einer Existenzbedrohung für viele Kliniken durch dieses Gesetz. Mit einem dringenden Appell an die Länder bat Gaß darum, das Gesetz am Freitag, den 22. November in den Vermittlungsausschuss zu schicken und zu überarbeiten. Denn auf eine Vielzahl der Kliniken kämen durch das KHVVG von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) neue wirtschaftliche Risiken zu.

Laut einer im Auftrag der DKG erstellten Untersuchung würden die neu eingeführten Mindestvorhaltezahlen zu Erlösverlusten zwischen drei bis zu 30 % bei etwa einem Drittel der knapp 1 600 untersuchten Klinikstandorte führen. Diese Simulation der Firma Vebeto hat errechnet, dass der für 409 Klinik-Standorte errechnete Erlösverlust im Bereich von drei bis 15 % liegen werde.

Dr. Hannes Dahnke, Geschäftsführer der Vebeto GmbH hob hervor, dass sich diese Einbußen allein auf einen Wegfall der Vorhaltefinanzierung durch das Wegbrechen von Leistungsgruppen für diese Kliniken beziehen würde. Vor allem für die kleinen Standorte und Krankenhäuser im ländlichen Raum komme es zu höheren Verlusten. Große Kliniken wie Maximalversorger oder Universitätsklinika und spezialisierte Fachkliniken würden demnach eher profitieren von der geplanten Klinikreform und der ihr zugrundeliegenden Finanzierung. 182 Kliniken könnten mit einem Zuwachs durch die Umstellung auf die Vorhaltefinanzierung rechnen.

Der Analyse zufolge sind auch deshalb die geplanten Mindestvorhaltezahlen ein großes Problem für die Kliniken, weil Fallzahlen schwanken und bislang noch keine Klarheit über die genauen Vorgaben herrscht. „Patienten werden nicht hübsch nacheinander krank, mal sind es mehr, mal sind es weniger“, sagte Dahnke. Daher drohe kleineren Kliniken, dass wesentliche Teile der bisherigen Vergütung ersatzlos wegbrechen.

Die Vebeto-Analyse belegt nach Aussage Dahnkes, dass das KHVVG den Kliniken weder eine Existenzsicherung durch die Vorhaltefinanzierung garantiere, noch dass die Mindestvorhaltezahlen eine lückenlose Qualitätssicherung gewährleisteten. Zudem würden durch das Gesetz falsche Anreize gesetzt und es gebe „konzeptionelle Schwächen“ und „Ungereimtheiten“.

„Wir werden existenzbedrohliche Situationen erleben, daran wird die Vorhaltefinanzierung nichts ändern“, sagte Dr.  Gerald Gaß.

Unabhängig davon zeigt eine aktuelle Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI), dass die Mehrheit der kleinen und mittleren Krankenhäuser in Deutschland die geplanten Personalvorgaben der Leistungsgruppen, die im Rahmen der Krankenhausreform eingeführt werden sollen, aktuell nicht erfüllen können.

60 % der Regel- und Schwerpunktkrankenhäuser gehen davon aus, dass sie die hohen Personalvorgaben nicht erfüllen können und deshalb bisherige Behandlungsangebote nicht mehr anbieten dürfen. Bei den Grundversorgungskrankenhäusern sind es sogar 80 % der Kliniken.

Alle diese Klinikstandorte werden mit Erlösverlusten rechnen müssen. Daher gehen 99 % der Grundversorgungskliniken davon aus, dass die Vorhaltefinanzierung nicht ausreichen wird, um die anfallenden Kosten zu decken. Bei den Regel- und Schwerpunktkrankenhäusern sind es 97 %, die entsprechend pessimistische Erwartungen haben. Die DKG folgert daraus, dass die hohen neuen Personalvorgaben dazu führen werden, dass kleine und mittlere Kliniken Leistungsangebote in der Patientenversorgung schließen müssen. Da es sich um bundesweite Vorgaben handele, könnten auch die Bundesländer darauf keinen Einfluss mehr nehmen durch ihre Landeskrankenhausplanung.

Auch den Bundesbürgern bereitet die Klinikreform einer Umfrage zufolge große Sorge. 46 % der Befragten befürchten Krankenhausschließungen, mehr als 47 % rechnen mit Praxisschließungen. Etwa jeder Vierte erwartet eine schlechtere Versorgung aus anderen Gründen. Das geht aus einer repräsentativen Befragung im Auftrag der DKG hervor. Befragt wurden rund 5 000 Bürger Anfang November dieses Jahres.

Zwei Drittel der Befragten sind der Ansicht, dass kein Krankenhaus in der Heimatregion schließen könne, ohne dass es zu einem Qualitätsverlust in der Versorgung kommt. Die Mehrheit meint, dass in einem Notfall das nächste Krankenhaus maximal 30 Minuten Fahrtzeit entfernt seien dürfte. Und auch eine, wie im Gesetzentwurf angekündigte, Abnahme an Bürokratie erwartet weniger als ein Viertel.

Den von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für „mehr Transparenz“ und zur leichteren Übersicht ins Leben gerufene Klinik-Atlas kennen mehr als die Hälfte der Befragten gar nicht.

Dr. Gaß betonte, die Vebeto-Analyse, die DKI-Abfrage bei den Kliniken sowie die Bevölkerungsumfrage seien der letzte Weckruf an die Bundesländer und auch an die Verantwortlichen in der SPD, die in zentralen Bereichen untaugliche Krankenhausreform in den Vermittlungsausschuss des Bundesrates zu überweisen.

Tanja Kotlorz