Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziel, während andere uns helfen diese Website und ihre Erfahrung zu verbessern.

Aktuelles

News

Digitalisierungsstrategien für die Kliniken der Zukunft


Foto: Pixabay

Wie kommt die Digitalisierung im ländlichen Raum voran? Beispiel Brandenburg: Seit dem 1. Juli 2024 hat Berlins Nachbarland eine staatliche Universitätsmedizin. Dafür wird das Carl-Thiem-Klinikum zum Universitätsklinikum ausgebaut. Martin Peuker, Digitalisierungsvorstand bei Medizinische Universität Lausitz - Carl-Thiem, skizzierte bei der Digitalmesse DMEA im April in Berlin die Digitalisierung der „Modellregion Gesundheit Lausitz“. Bis zum Jahr 2038 stünden 3,7 Mrd. € für die Umsetzung dieser Modellregion zur Verfügung. Ein Drittel des Budgets sei für die Digitalisierung. Das ganze Vorhaben werde wissenschaftlich begleitet.

In der Lausitz leben nur etwa 600 000 Menschen, 15 Klinikstandorte gibt es in der Region. Ziel sei es, ein digitales Leitkrankenhaus zu entwickeln, das immer anschlussfähig sein sollte, mit allen anderen Playern in der Modellregion wie niedergelassenen Ärzten, MVZ, Fachvereinigungen oder auch Krankenkassen.

In einem Gebäude namens Medical Accelerator (MED-ACC), einem Start-up-Zentrum für Innovationen aus dem Gesundheitsbereich, sollen Digital Health, BioTech, MedTech, (Pharmazie, Pflege/Care, Life Sciences, Fitness, Wellness) verprobt werden. Die Inbetriebnahme sei für das dritte Quartal 2027 geplant.

Die Medizinische Universität Lausitz –Carl Thiem (MUL – CT) habe sich das Ziel gesetzt, ein „Digitales Leitkrankenhaus“ zu werden, das innovative „Healthcare-as-a-Service (HaaS)“-Lösungen in der Region anbietet und gleichzeitig die Dienste eines „Datenintegrationszentrums (DIZ)“ für Forschung und Lehre integriert. Ein einzigartiges Modell soll alle relevanten Akteure der Region vernetzen und die MUL – CT soll eine Vorreiterrolle in der digitalen Gesundheitsversorgung einnehmen. Mit Hilfe einer Interoperabilitätsplattform „IOP“ soll zum Beispiel das Thema Implantateregister gesteuert werden, aber auch im Medizincontrolling eine KI-gestützte Kodierung, im Bereich Qualitätsmanagement die automatisierte Erkennung von Patientenschäden oder im Controlling eine Automatisierung von Lieferpflichten und eine Erhöhung der Datenqualität. Für die Modellregion Lausitz gewährleiste eine solche IOP das Handeling für eine Registerbefüllung, Abrechnungsunterstützung, Terminkoordination (PROMS/PREMS), Rezepte, Überweisungen sowie Telemedizin.

Abschied von den Sektorengrenzen

„Aus der Not eine Tugend machen“, sagt Peuker, wenn es darum geht, verpasste Chancen in neue Möglichkeiten zu verwandeln. Zum Beispiel der Aufbau eines Patientenportals sei bisher nicht gelungen, das soll jetzt aber als Chance begriffen werden. Statt einzelner Portale soll es ein Gesundheitsportal der Gesundheitsregion als eine Applikation geben. Das Credo bei allem: „digital vor ambulant vor stationär“, so Peuker. Über eine Applikation sollen die Bürger Informationen zu medizinischen Angeboten in der Region Lausitz bekommen.

Der neue Ansatz im ländlichen Brandenburg ist der Bruch mit der Sektorlogik: Eine digitales Gesundheitsökosystem für alle! Dabei stehen die Patienten im Mittelpunkt, digital und selbstbestimmt.

Wie stellt sich ein großer Klinikbetreiber auf die Datenflut ein und wie nutzt er die Datenmengen optimal in der Patientenversorgung und in der Forschung? „Wir nutzen in der Gesundheitsversorgung nur 3 % der Daten, die wir generieren“, sagt Michael Hübner, Manager Innovationen und Digitalisierung bei der Sana Kliniken AG. Bei der Digitalmesse DMEA beschrieb Hübner für den drittgrößten Krankenhausbetreiber (46 Krankenhäuser, 57 MVZ-Gesellschaften, 41 000 Mitarbeitende, über 3 Millionen Patienten, Jahresumsatz 3,3 Mrd. €) in Deutschland das Digitalisierungskonzept der Sana AG. Die Ziele: Unternehmensziele erreichen, Patienten und Mitarbeitern helfen, die medizinische Qualität steigern und nachhaltiges Wirtschaften ermöglichen.

Der Spagat des Marktes: Das Angebot nimmt ab, die Nachfrage steigt. 30 bis 50 % der Sana Mitarbeiter gehen in den nächsten Jahren in Rente. „Wir haben keine Chance, diese Stellen nachzubesetzen“, sagt der Digitalisierungsmanager. Zugleich steigt die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen bei einer stark alternden Bevölkerung. „Die Digitalisierung bietet hier gute Lösungswege.“

Treiber der Digitalisierung sei das veränderte Patientenverhalten, die Neuerungen in der medizinischen Versorgung, die Gesetzgebung und neue Wettbewerber. Sana setzt zunächst auf die Schwarmintelligenz und hat intern eine Ideenwerkstatt implementiert, in der alle rund 41 000 Mitarbeiter KI-unterstützt Vorschläge unterbreiten können. Die Ideen werden von anderen Mitarbeitern mit Sternen und Kommentaren bewertet. Über verschiedene Qualitätsstufen werden die Mitarbeiterideen weiter qualifiziert und umgesetzt, sofern die Ressourcen dies ermöglichen. Zudem gibt es den sogenannten Technologie-Push-Prozess: Der Markt (Open AI, Amazon, DeepMind etc.) bietet dem Klinikbetreiber datengetriebene Lösungen an. Wegen der Schnelllebigkeit der Industrie hat Sana strategische Leitplanken gesetzt: Dazu gehört eine Cloud-First-Strategie. „Wir wollen primär in der Cloud arbeiten.“ Eine weitere Leitplanke: Interoperabilität.

Einsatz von Digas

Sana bietet Patienten technologische Soforthilfe zum Beispiel mit Anwendungen aus dem Bereich der Digitalen Gesundheitsanwendungen (Diga) an. Mit Hilfe der Firma Avelios baut der Klinikbetreiber zudem ein neues Krankenhausinformationssystem (KIS) mit offenen Schnittstellen mit behandlungsprozessorientierter Digitalisierung (KIS 2.0) auf. Perspektiven im Bereich „Data und Analytics“ sind der Ausbau der Datengenerierung und Datenverfügbarkeit, Datenharmonisierung, Datenanalyse sowie KI-gestützte Datennutzung.

Im Bereich Behandlungs- und Prozessoptimierung setzt Sana zum Beispiel auf das digitale Wundmanagement der Firma Imito. Durch die Verwendung könnten medizinische Fachkräfte Wunden mithilfe von Smartphones oder Tablets präzise messen, fotografieren und dokumentieren. Diese digitalen Aufzeichnungen ermöglichten eine lückenlose Nachverfolgung des Heilungsprozesses und erleichterten die Kommunikation zwischen den an der Behandlung beteiligten Ärzten und Wundmanagern.

Tanja Kotlorz