Die umstrittene Krankenhausreform soll nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kommende Woche im Bundestag in zweiter und dritter Lesung verabschiedet werden. Der SPD-Politiker zeigte gemeinsam mit Vertretern der Ampelparteien (Heike Baehrens (SPD), Janosch Dahmen (Grüne) und Andrew Ullmann (FDP) ) bei einer Pressekonferenz am 8. Oktober demonstrative Geschlossenheit. Nach langen Verhandlungen hätten sich diese auf letzte Details der Reform und zahlreiche technische Änderungen verständigt. Die Korrekturen umfassten 100 Seiten und 50 Änderungsanträge, so Lauterbach. So soll es beispielsweise künftig möglich werden, dass kleinere Kliniken auf dem Land auch ambulante Facharztbehandlungen anbieten, wenn in einer Region kein entsprechender Facharzt vorhanden sei oder sich keiner niederlassen möchte und auch keine Niederlassungssperre vorliege.
Der Bundesrat werde sich voraussichtlich im November mit dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) befassen. Lauterbach geht nach eigener Aussage nicht davon aus, dass sein Reformwerk im Vermittlungsausschuss landet. Der Minister sprach selbstbewusst von einem „guten Tag für die deutschen Krankenhäuser und für die Patienten“. Es handele sich um die größte Krankenhausreform seit 20 Jahren. Aus den Ländern und von der Deutschen Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG), dem Dachverband der deutschen Kliniken, hatte es immer wieder Kritik an der Klinikreform gegeben.
Man sei mit den Ländern in intensivem Austausch und ihnen entgegengekommen, so Lauterbachs Lesart. Der Minister warnte erneut vor einem Scheitern. „Dann hätten wir ein beispielloses Krankenhaussterben im nächsten Jahr vor uns.“ Viele Krankenhäuser hielten jetzt noch durch, weil sie davon ausgingen, dass die Reform im nächsten Jahr komme.
Ganz anders lautet die Einschätzung der Deutschen Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG) zum jetzt gefassten Beschluss der Regierungsfraktionen und dem nun aktuellen Stand des KHVVG. „Der Beschluss der Ampelkoalition, die Krankenhaus-Reform zwar mit 50 Änderungsanträgen, aber im Endeffekt nur mit marginalen Änderungen durch das Parlament jagen zu wollen, basiert auf dem Prinzip Hoffnung. Doch auch noch so heftiges gegenseitiges Schulterklopfen der Koalitionäre darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieses Gesetz die wesentlichen politischen Ziele verfehlt und zu massiven Problemen bei der Patientenversorgung in den kommenden Jahren führen wird. Die wesentlichen Kritikpunkte am Gesetzesentwurf bleiben bestehen“, sagte der Vorstandsvorsitzende der DKG, Dr. Gerald Gaß.
Die Vorhaltefinanzierung sei ein völlig missratenes bürokratisches Instrument, das weder die Grundversorgungskrankenhäuser in den ländlichen Regionen stabilisiere, noch die Konzentration hochspezialisierter Behandlungen in Zentren fördere. Die Botschaft der Entökonomisierung sei in diesem Zusammenhang eine reine Worthülse ohne jede Substanz.
Die vorgesehene kleinteilige und überregulierte Definition der neuen Krankenhauslandschaft nehme den Bundesländern den notwendigen Gestaltungsspielraum in der Krankenhausplanung und wird zu Versorgungslücken gerade im ländlichen Raum führen.
Die Ankündigungen der Ampel zur Entbürokratisierung seien Lippenbekenntnisse und erschöpften sich in Kleinstmaßnahmen, während das Gesetz gleichzeitig einen gigantischen Zuwachs an neuen Vorschriften sowie Dokumentations- und Nachweispflichten für die Krankenhäuser bringe.
Zudem kritisiert Gaß, dass die systematische Unterfinanzierung der Krankenhäuser nicht beseitigt werde. „Im Gegenteil, die Ampelkoalitionäre setzen in trauter Eintracht auf kalte Markbereinigung, um aus ihrer Sicht überflüssige Krankenhäuser aus der Versorgung zu drängen“, so der DKG-Vorsitzende.
Auch sei der Minister die immer wieder versprochene Auswirkungsanalyse auf die Patientenversorgung schuldig und versuche ohne diese Analyse sein Gesetz jetzt durch das Parlament zu boxen. Lauterbach agiere bei seiner „revolutionären Gesetzgebung“ nach dem Prinzip Hoffnung. „Das ist ein unverantwortlicher Blindflug für die Gesundheitsversorgung von 84 Millionen Menschen in Deutschland.“ tak