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47. Deutscher Krankenhaustag in Düsseldorf


NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann fordert Nachbesserungen bei der Klinikreform des Bundes. Foto: Rüter

Was nun? Steht die Krankenhausreform vor dem Aus, oder wird die „Revolution“ Karl Lauterbachs jetzt noch schnell auf den Weg gebracht? Und macht es noch Sinn, wenn der Bundesrat das KHVVG am 22. November in den Vermittlungsausschuss überweist? Die Partner des Deutschen Krankenhaustages hoffen darauf.

Die Eröffnung des 47. Deutschen Krankenhaustages am 11. November 2024 in Düsseldorf stand ganz im Zeichen des Zusammenbruchs der Ampelkoalition nur wenige Tage zuvor. Drei Wochen vor dem Krankenhaustreff im Rahmen der Medica hatte der Bundestag die Krankenhausreform verabschiedet. Es sollten entscheidende Weichen für eine bessere Krankenhausversorgung gestellt werden.

„Wir wollen die Reform nicht scheitern lassen. Man kann sie aber auch nicht so verabschieden, wie sie ist“, sagte Karl-Josef Laumann (CDU). Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister zeigte sich zuversichtlich im Hinblick auf Änderungen am Reformgesetz – durch den Vermittlungsausschuss oder eine künftige Bundesregierung unter Führung der CDU/CSU. Mit seiner Rede zur Eröffnung des Branchentreffs empfahl er sich gleichsam als künftiger Bundesgesundheitsminister.

Vor allem die im KHVVG vorgesehenen Qualitätskriterien nehmen den Ländern die Gestaltungsmöglichkeiten und gefährdeten die Versorgungssicherheit in einigen Gebieten. „Wir müssen diese Kriterien unter bestimmten Voraussetzungen pragmatischer anwenden können“, so Laumann. Ein entsprechender Antrag im Gesundheitsausschuss des Bundesrates bedeute nur ein punktuelles Vermittlungsverfahren. „Das ist an einem halben Tag zu besprechen“, so der NRW-Gesundheitsminister. Die geforderten Änderungen – etwa zu Facharztquoten, Fallzahlen, Abstände-Festlegungen – seien nicht parteipolitisch-ideologisch begründet, sondern „ganz gewöhnliche Fragen, die Krankenhausplanern durch den Kopf gehen.“

Auf die direkte Frage der Moderatorin nach seinen Ambitionen auf das Amt des Bundesgesundheitsministers wollte Laumann nicht antworten. Doch mit seiner Rede zur Verbesserungswürdigkeit der Krankenhausreform des Bundes warb er deutlich für seinen Politikstil. Das Geheimnis des Erfolgs der Reform der Krankenhausplanung in NRW sei, dass die Beteiligten -Kliniken, Ärzte und Kostenträger – einbezogen wurden: „Wir haben mit Partnern, die über den Tellerrand schauen, diese Reform entwickelt.“ Auch Transparenz in den Entscheidungen sei wichtig. Der Eindruck der Mauschelei in Hinterzimmern dürfe nicht entstehen: „Entscheidungen müssen plausibel, begründbar und nachvollziehbar sein“, so Laumann weiter. Hier gebe es erhebliche Unterschiede zwischen NRW und der Gesundheitspolitik im Bund.

Bremens Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Die Linke) schien noch mit der Überweisung des KHVVG in den Vermittlungsausschuss zu hadern und sagte, sie werde dem „wahrscheinlich nicht“ zustimmen. Sie habe große Sorge, dass die Reform für lange Zeit ins Stocken gerate. Über die Rechtsverordnungen, die das KHVVG ergänzen sollen – diese unterlägen im Gegensatz zum KHVVG der Zustimmungspflicht durch die Länderkammer – könnten noch wesentliche Verbesserungen erreicht werden, so Bernhard.

Karl Lauterbach, der per Video zugeschaltet wurde, zeichnete einmal mehr das düstere Bild der Krankenhausversorgung in Deutschland, die in ihrer Qualität im europäischen Vergleich „nach unten durchgereicht“ werde und stellte klar, keine Abstriche in Sachen Qualitätskriterien zu machen. „Lieber keine Reform als eine schlechte Reform“, so das Fazit des Bundesgesundheitsministers.      

Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), forderte die Bundesländer nochmals mit Nachdruck auf, die Klinikreform am 22. November im Bundesrat in den Vermittlungsausschuss zu verweisen. „Schicken Sie dieses Gesetz in den Vermittlungsausschuss. Und dies gilt auch in der von den Ampelfraktionen verursachten Regierungskrise. Denn für die stationäre Versorgung in Deutschland tragen die Länder auch in den kommenden Jahren die Verantwortung“, machte Gaß deutlich. Mit kleinen Stellschrauben sei dieses Gesetz nicht mehr zu retten. Der Vermittlungsausschuss müsse dieses Gesetz auf gemeinsame Grundvereinbarungen zurückführen. Erste Schritte zur Rettung der Krankenhausreform sollten die sofortige Umsetzung des notwendigen Inflationsausgleichs sein, um die flächendeckende Defizitlage der Kliniken zu entschärfen. Gleichzeitig müssten die Leistungsgruppen nach dem NRW-Modell bundesweit angewendet und schon bestehende Instrumente wie Sicherstellungszuschläge zur Vorhaltefinanzierung ausgeweitet werden, bis ein tauglicheres Modell erarbeitet sei. „Und die Krankenhäuser müssen endlich konsequent von überflüssiger Bürokratie und Überregulierung befreit werden. Auch wenn wir in einer politisch turbulenten und fragilen Situation sind, ohne Änderungen darf diese Reform nicht kommen. Sollte die Krankenhausreform den Bundesrat passieren, tritt ein an vielen Stellen schlecht gemachtes Gesetz in Kraft, das die Patientenversorgung in Deutschland nicht verbessern, sondern erschweren wird. Niemand kann heute sagen, wer nach einer Neuwahl das Gesundheitsressort führt und ob es dann zu schnellen, notwendigen Korrekturen käme“, so Gaß.

Kongresspräsidentin Dr. Sabine Berninger, zugleich Vorsitzende des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe Südost (DBfK), bekräftigte, dass trotz der vielen politischen Fragezeichen durch das Koalitions-Aus die Krankenhausreform vorangetrieben werden müsse. Durch die Finanzierungsreform sei weiterhin keine Stabilisierung der wirtschaftlichen Situation der Kliniken absehbar. Auch Berninger mahnte Korrekturen an, sonst werde es weiter zu unkontrollierten Klinikschließungen und Versorgungsengpässen in Deutschland kommen. Darüber hinaus machte Berninger auf die Situation in der Pflege aufmerksam. „Einerseits befinden wir uns in einer alternden Gesellschaft, in der die Pflegebedürftigkeit in den nächsten Jahrzehnten deutlich zunehmen wird. Andererseits wird zu dem schon jetzt vorherrschenden Fachkräftemangel eine zusätzliche Herausforderung entstehen, wenn weiterhin Pflegefachpersonen den Beruf verlassen und die Babyboomer-Jahrgänge in Rente gehen. Deshalb ist es für die Politik und uns alle alternativlos, jetzt nach guten Lösungen zu suchen, um den Pflegeberuf zukunftsfest aufzustellen. Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach angekündigte Pflegereform bietet uns die Chance, Pflege neu zu denken“, so die Kongresspräsidentin.

PD Dr. Michael A. Weber, Präsident des Verbands leitender Krankenhausärztinnen und -ärzte (VLK), machte deutlich, dass es nicht darum gehe, das Gesetz komplett zu Fall zu bringen, sondern es in essenziellen Punkten nachzuschärfen. Es sei weiter nicht abzuschätzen, ob die zu erwartenden Krankenhaus- und Abteilungsschließungen gut kompensierbar sind oder zu Engpässen in der Notfallversorgung und Wartelisten bei elektiven Eingriffen führen. Deshalb brauche es dauerhafte Ausnahmegenehmigungen für die Länder, die für die Erfüllung der Bedarfe vor Ort die Möglichkeit von Ausnahmen bei zu stringenten Strukturvorgaben haben müssen. Nur so könne die Versorgung in strukturschwachen Gebieten bzw. auf dem Land auch auf Dauer gesichert werden. „Die Knackpunkte sind klar benannt, die Fakten sprechen für sich. Der Vermittlungsausschuss muss endlich den Weg für eine Lösung der offenen Finanzierungsfragen für Betriebskosten, Vorhaltung und Transformation ebnen und die weiteren Schwachstellen des Gesetzes beheben“, so der VLK-Präsident. Im Rahmen der Diskussionsrunde wandte er sich explizit an die Bremer Senatorin und bat, sie möge am 22. November der Überweisung in den Vermittlungsausschuss zustimmen.

Dirk Köcher, Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD), betonte, dass es nicht um Probleme einzelner Krankenhäuser ginge, sondern dass eine ganze für die Menschen elementar wichtige Branche wirtschaftlich extrem angeschlagen sei. Und dies nicht durch eigene Schuld oder Missmanagement. Die überwiegende Mehrzahl der 1700 Krankenhäuser in Deutschland stecke in noch nie dagewesenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Köcher beklagte, dass der Kanzler und der damalige Finanzminister separate Wirtschaftsgipfel einberufen, wenn ein großer Autobauer seine Gewinnerwartung auf einen mittleren einstelligen Prozentsatz korrigiere: „Dass Krankenhäuser derzeit regelhaft negative Ergebnisse schreiben, interessiert in der politischen oder der allgemeinen Öffentlichkeit anscheinend nur wenige“, erklärte der VKD-Präsident. Kaum ein Träger werde kurz- wie mittelfristig mehr in der Lage sein, diese sich nunmehr im dritten Jahr hintereinander verschärfende wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser auszugleichen.

Katrin Rüter